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Die Höhenkompensation beim Bing 64

…. oder warum die Diskussion darüber immer einen Glaubenskrieg auslöst…


… ich sage: die Bing Vergaser Typ 64, wie sie im Rotax Flugmotor verbaut sind, haben keine Höhenkompensation !

Die Diskussion darüber entfacht immer wieder leidenschaftlich. Leider kann man in den sozialen Medien häufig schreiben was man will, es wird wohl augenscheinlich nicht richtig gelesen oder gedanklich nicht nachvollzogen oder man möchte auch nicht so tief einsteigen.
Deshalb versuche ich hier das Thema so ausführlich wie nötig zu beschreiben.

...und was sagt Bing dazu ?

hier ist die technische Mitteilung zur Anpassund der Vergasereinstellung an atmosphärische Bedingungen:

Die luftdichte vermindert sich mit abnehmendem Druck und zunehmender Temperatur.
Wird ein Motor in größerer Meereshöhe betrieben, so verringert sich das Gewicht der
von ihm angesaugten Luft, während die angesaugte Kraftstoffmenge praktisch unverändert bleibt.
Damit ergibt sich ein fetteres Gemisch als bei geringerer Meereshöhe:

Je nach Empfindlichkeit des Motors ist bei geringerer oder größerer Zunahme der
Meereshöhe eine Anpassung der Vergasereinstellung zweckmäßig, welche die ursprüngliche
Gemischzusammensetzung wieder herstellt. Mit zunehmender Meereshöhe und geringerem
Luftdruck mindert sich auch das Gewicht der vom Motor angesaugten Sauerstoffmenge.
Die damit verbundene Leistungsminderung kann mit einer Anpassung der Vergasereinstellung
nicht kompensiert werden.
Zur Anpassung des Vergasers genügt im allgemeinen die Veränderung der Hauptdüsengröße.

Nur in besonderen Fällen ist auch eine andere Nadeldüse und/oder eine andere Leerlaufdüse zu wählen.

Geht man von einer Düsengröße D1 auf Meereshöhe d1 aus, so ist für die Meereshöhe d2 die Düsengröße D2 wie folgt zu errechnen:

Die nebenstehende Tabelle enthält reine Mappingwerte.


Beispiel: Soll ein Motor, der in München (Meereshöhe ca. 500 m) bei einer Temperatur von +20º mit einer Hauptdüse 150 optimal eingestellt ist, auf dem Scheitelpunkt der Großglocknerstraße (Meereshöhe ca. 2500 m) bei einer Temperatur von OºC betrieben werden, so wird dort mit einer Düse 144 die gleiche Gemíschzusammensetzung erzielt. hier ist das originale Dokument zum Downloaden als PDF

Die Benutzung der Tabelle:

Nehmen wir das angeführte Beispiel und suchen dort die Werte für unsere Ausgangslage.
Die Vergaser des Fliegers sind abgestimmt auf eine Meereshöhe von 500m bei 20°C Ansaugtemperatur und dazu ausgerüstet mit 150er Hauptdüsen. Wir finden in der Tabelle den Wert 98 in der Spalte für die Höhe bei 500m und in der Zeile für die Temperatur bei 20°C.
Genauso finden wir den Wert 94 in der Tabelle für das Ziel unserer Abstimmung der Vergaser. Hier bei H = 2500m und T = 0°C.
Nun die Berechnung nach der Formel: 94 geteilt durch 98 mal 150 ergibt 144.
Damit steht die Hauptdüsengröße mit 144 fest.
Dieses Beispiel hinkt leider etwas, denn es geht dabei nicht ausschließlich um die Höhe.
Rechnen wir bei der Höhe von 2500m auch mal mit 20°C (d2 = 93) kommen wir auf eine Düsengröße von 142.
Fazit: mit zunehmender Höhe, muss die Hauptdüse kleiner werden, da der Motor sonst überfettet.


... aber der Bing ist doch ein Gleichdruckvergaser!

… das ist er in der Tat und daher mit einer Membran ausgestattet.
Man hört immer wieder die Aussage, das man damit schon „irgenwie“ eine
Höhenkompensation, gleich welcher Art auch immer, hat.
Fälschlicherweise wird angenommen, dass die Membrane ja in Abhängigkeit des Druckes im Venturirohr1), hier auch für eine Anpassung des Gemisches sorgt.
Die Funktion der Rollmembran(3) ist jedoch ausschließlich für das Anheben des Vergaserschiebers(2) in Abhängigkeit der Stellung der Drosselklappe(1) zuständig.
Das Anheben des Schiebers bewirkt, dass der Querschnitt im Venturirohr die Menge der angesaugten Luft reguliert.
Dabei hebt die Druckdifferenz zwischen dem unter der Membran herrschenden Umgebungsdruck(13)2) und dem unter dem Schieber durch die an der Bohrung(12) vorbeiströmende Luft im Saugrohr erzeugten Unterdruck3) an.

Die durch den Düsenstock angesaugte und durch die Hauptdüse begrenzte Kraftstoffmenge ändert sich ausschließlich durch den im Venturirohr herrschenden Druck und tritt am Zerstäuber(8) aus.

…. aber wovon ist denn die der angesaugten Luft im Düsenstock beigemischte Kraftstoffmenge abhängig?
Das geschieht beim Bing 64 durch:

  1. die Hauptdüse
  2. die Nadeldüse
  3. die Düsennadel
  4. den Kraftstoffstand
  5. den Druck in der Schwimmerkammer

Die Hauptdüse bemisst die maximale Kraftstoffmenge ab ca. 3/4 Schieberweg4).
Die Nadeldüse und die Düsennadel bilden im Mischrohr je nach Stellung des Schieberkolbens einen Ringspalt und bemessen die Kraftstoffmenge im Teillastbereich.
Die Höhe des Kraftstoffstandes in der Schwimmerkammer, und somit auch im Düsenstock, bewirkt ein Anfetten oder Abmagern des Kraftstoff/Luftgemisches. Damit kamen Einige anlässlich der nicht mehr richtig schwimmenden Schwimmer in Berührung…
Der Druck in der Schwimmerkammer wird durch die Schwimmerkammerbelüftung reguliert. Hier ist es wichtig, das Ende des Schwimmerkammerbelüftungsschlauches an einem druckneutralen Ort zu plazieren. Wird das nicht beachtet, haben wir bei der Gemischaufbereitung ein großes Problem, da sich kleinste Druckunterschiede sehr stark auswirken.

Dazu der Hinweis aud dem Rotax WHB-Heavy:5)
HINWEIS:
Der Luftdruck in der Schwimmerkammer ist für die Funktion des
Vergasers entscheidend und muss dem Luftdruck vor Eintritt in
den Vergaser entsprechen. Zu hoher Druck überfettet und zu
kleiner Druck magert das Gemisch ab, gegebenenfalls bis zum
Absterben des Motors.


wo ist hier ein Regelsystem?

Um es vorweg zu sagen : nirgends!
Alle beschriebenen Bauteile stehen immer in einer festen Beziehung zueinander.
Nirgends wird etwas in Abhängigkeit des sich ändernden Umgebungsdrucks geregelt.
Von Bing ist eine Regelung mit der Änderung der Hauptdüse beschrieben. Von einem festen Wert zu einem anderen festen Wert.

mögliche Regelung des Gemisches

Bei Flugzeugen mit den entsprechenden Einrichtungen spricht man von Leanen.
Beim Rotax mit den Bing's fehlt jedoch solch eine Möglichkeit, da die Vergaser dafür nicht vorgesehen sind.

Was für Möglichkeiten hätte man denn?
Grundsätzlich jede, die das Gemisch abmagert.
Ich zähle einfach mal auf, was mir so einfällt.

  • den Druck in der Schwimmerkammer reduzieren
  • den Schwimmerstand reduzieren
  • die Hauptdüsengröße verstellbar machen
  • dem Saugrohr hinter dem Vergaser Luft zuführen

… und zur ersten Möglichkeit gab es sogar etwas zu kaufen: den HACman Mixture Control (die Webseite ist offline)

Den HACman Mixture Control zu verwenden heißt aber, die Gemischeinstellung zu überwachen.
Dazu könnte man die Abgasttemperatur zu Rate ziehen oder eine Lamda-Sonde mit Anzeige installieren.
Mir wäre das allerdings ohne entsprechende Prüfläufe auf einem Prüfstand, wo man den Luftdruck reduzieren kann, zu brenzlich.

… in dem Sinne
hier noch etwas Lektüre, gefunden bei Bing und diskutiert hier fleißig weiter…


Nachtrag: auf den 914er Turbo bin ich hier absichtlich nicht eingegangen, denn das ist ein anderes, sehr komplexes Thema.

1)
im Vergaser die engste Stelle im Bereich des Düsenstockes
2)
hier am Vergasereinlass abgenommen und gelb dargestellt
3)
blau dargestellt
4)
die Stellung des Schieberkolbens in Abhängigkeit der durch den Gashebel geforderten Leistung
5)
Wartungshandbuch Heavy Maintenance
bing_s_hoehenkompensation.txt · Zuletzt geändert: 24.11. 2023 09:31 von ralf

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