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erhoehten_oelverbrauch

Das Problem, einen erhöhten Ölverbrauch zu erkennen

… oder wohin verflüchtigt sich das Motoröl ?


Vor kurzer Zeit wurde ich gefragt, wie man feststellen kann, welches Problem vorliegt, wenn man bei der Ölstandskontrolle einen permanent erhöhten Ölverbrauch feststellt.

Bei einer sichtbaren Leckage ist das ja ganz einfach: wo es rausplätschert, dichtet man das entsprechende Teil einfach ab…

Das Problem bei der Fehlerdiagnose beginnt, wenn der Motor von Außen staubtrocken ist und man auch am Motorlauf selbst keine Unregelmäßigkeiten feststellt.

Wo fängt man nun zu suchen an?
Grundsätzlich muß man zunächst folgende Fragen klären:

  • wird ein Öl verwendet, was vom Hersteller freigegeben ist
  • wer hat wann wieviel Öl nachgefüllt
  • wieviel Öl verbraucht der Motor in der Stunde
  • seit wann stellt man den Ölverbrauch fest
  • wurde in letzter Zeit eine Reparatur durchgeführt
  • ist bei einer Wartung etwas aufgefallen
  • wie wird der Ölstand richtig überprüft

Es besteht die Möglichkeit, dass ein erhöhter Ölverlust festgestellt wird, wenn man mit dem Flugzeug vermehrt Segelflieger schleppt.
Das liegt dann möglicherweise am Ölverlust durch Ölnebelaustritt aus dem Entlüfterschlauch des Ölbehälters.
Da hier kein Ölabscheider im Schlauch (Kurbelgehäuseentlüftung) ist, wird der Ölnebel in die Umwelt geblasen und als Ölverlust im Ölbehälter festgestellt.

Den Ölstand prüfen

Eines der größten Probleme ist leider das richtige Prüfen des Ölstandes im Ölbehälter.

Folgendes sagt das Betriebshandbuch dazu:

SchrittVorgehen
1Ölvorrat prüfen und gegebenenfalls ergänzen.
2HINWEIS: der Propeller sollte nicht entgegen der normalen Drehrichtung gedreht werden.
Öltankverschluss öffnen.
Der Motor ist einige Umdrehungen von Hand am Propeller in Motordrehrichtung zu drehen, um das Öl vom Motor in den Tank zu pumpen.
3Wesentlich ist, dass der Kompressionsdruck im Brennraum aufgebaut wird.
Druck kurz aufrecht halten, damit die Gase über die Kolbenringe in das Kurbelgehäuse gelangen können.
Die Drehgeschwindigkeit ist nicht maßgeblich, sondern der Druck und die Menge der Gase, die in das Kurbelgehäuse gelangen.
4Der Vorgang ist beendet, wenn auch Luft in den Öltank zurückströmt.
Dies ist bei geöffnetem Öltankverschluss als Rauschen (Gurgeln) feststellbar.
5Öltankverschluss schließen.

HINWEIS: Differenz zwischen Max.- und Min.- Marke = 0,45 Liter.

Das hört sich ganz einfach an, ist es aber nicht (siehe auch hier).
Die Anweisung gehört ja zur Vorflug-Kontrolle. Nun ist die Frage, wann die Ölstandskontrolle tatsächlich durchgeführt wird. Ich habe beobachtet, dass viele Piloten den Flieger erst einmal aus dem Hangar holen, 37 mal drumherumlaufen und dabei auch irgendwann den Öl- und Kühlflüssigkeitsstand kontrollieren.
Das heist, es ist nicht genau definiert, wie der Flieger steht. Das ist aber für eine einwandfreie Bestimmung des Ölstandes erforderlich, denn die durch das Drehen des Propellers in den Ölbehälter zurückgepumpte Ölmenge ist für den gemessenen Ölstand wesentlich.

Im normalen Betrieb des Fliegers ist diese Vorgehensweise ja auch OK.
Nur, wenn man den Ölverbrauch messen möchte, sollte der Ölstand immer unter exakt den gleichen Bedingungen überprüft werden.
Das bedeutet, dass der Ölstand sinnvollerweise dann geprüft wird, wenn der Flieger an seinem Standplatz steht und noch nicht bewegt wurde. Also immer unter den gleichen Bedingungen!

Ich gehe hier mit meiner Empfehlung noch ein Stück weiter:
Der Ölstand sollte direkt nach dem Flug im Hangar geprüft werden.
Der Grund dürfte einleuchtend sein: das Motoröl hat immer annähernd die gleiche Temperatur und der Flieger steht immer in der gleichen Position. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Motoröl natürlich dünner ist und dadurch einfacher aus dem Kurbelhehäuse durch das Blowby-Gas in den Ölbehälter fließen kann.

Hier gibt es aber leider eine wichtige Einschränkung: das Verfahren sollte nur angewendet werden, wenn der Flieger immer nur von einer Person geflogen wird.
Bei einem Verein oder mehreren Piloten weiß ja leider der Eine nicht, was der Andere tut….
In dem Fall also vor dem Flug prüfen.

den Verbrauch dokumentieren

Wenn nun das Verfahren der Ölstandskontrolle festgelegt ist, kann es an ein dokumentiertes Ergänzen des Ölstandes gehen.
Grundsätzlich empfehle ich zum Nachfüllen, wenn man die exakte Menge bestimmen muss, eine, wie abgebildete, verschließbare Flasche mit einer Mengeneinteilung. Diese findet man im Motorradzubehör für das Anmischen vom 2T-Gemisch. Damit sollte die Ölmenge genau messbar sein und die Flasche kann hinterher verschlossen werden, sodass das Öl und die Umgebung sauber bleibt.

Eine weitere Möglichkeit ist das Wiegen der aus der Dose entnommenen Ölmenge. Dazu ist leider eine Waage (elektronische Küchenwaage mit Tara-Einrichtung) und ein Taschenrechner nötig. Die Dichte des Motoröls (840 g - 880 g je Liter) muss dann noch für die Berechnung der Ölmenge zu Rate gezogen werden.

der festgestellte Ölverbrauch

Im Betriebshandbuch ist ein maximaler Verbrauch des Motoröls mit 0,06 Liter je Stunde angegeben.
Das sind 60 Milliliter oder ca. 51 Gramm in der Stunde.
Diesen Ölverlust wird man aber nach einer Flugstunde kaum feststellen, wenn wir bedenken, dass die Differenz zwischen den beiden Markierungen am Ölmessstab einer Ölmenge von ca. 450 ml entspricht und die Differenz zur max-Markierung am Ölmessstab ziemlich gering ist.
Sinnvoll ist es also, einen Flug von 5 Stunden zu unternehmen und dann den Ölstand wieder auf Maximum aufzufüllen und die Nachfüllmenge zu messen oder zu wiegen. Das dürfen dann max. 0,3 L oder 255 g sein und somit eine Menge, die man einwandfrei bestimmen kann.

...wo verschwindet das Öl ?

Ist die Verlustmenge größer als zulässig und der Motor trocken, ist es nun der Forschungsauftrag, dass herauszufinden.

Grundsätzlich gibt es nicht viele Möglichkeiten:

  1. Kolbenfresser
  2. falsch montierte Kolbenringe
  3. gebrochener Kolbenring
  4. verschlissene Laufgarnitur1) oder erhöhtes Spiel der Ringe in der Ringnut
  5. Verschlissene Ventilschaftdichtung
  6. Ventilschaft bei Schaftdichtung eingearbeitet
  7. defekte oder verschlissene Ventilführung

Wir gehen mal davon aus, dass wir eine unauffällige Druckverlustprüfung haben. Das heisst wir haben einen Druckverlust auf den einzelnen Zylindern von unter 10 %.
Damit können wir 2 Dinge ausschließen: einen Kolbenfresser und ovale Ventilsitze2).
Bei einem Kolbenfresser würde hier zu viel Druck entweichen, der Motor hätte wahrscheinlich einen Leistungverlust, würde schlecht anspringen, evtl. wäre ein Klappern zu hören und aus dem Auspuff käme eine ordentliche Rauchwolke.

Des Weiteren kann man falsch montierte Kolbenringe ausschließen, wenn keine Reparatur am Motor durchgeführt wurde oder der Ölverbrauch nicht ab diesem Zeitpunkt aufgetreten ist.

Bei den Punkten 5 bis 7 hätten wir vermutlich eine verölte Zündkerze.

Wenn wir weiter davon ausgehen, dass auch das Kerzenbild unauffällig ist, wird es sehr schwierig und hier hilft am Ende nur eine Abgasmessung oder gleich die Laufgarnituren zu demontieren und zu vermessen.

Will man nicht gleich den Motor teilzerlegen, kommt nur noch eine Abgasmessung in Frage. Dazu kann ich den Tipp geben, sich mit dem TÜV oder der DEKRA in Verbindung zu setzen. Die Prüfer im Außendienst haben in der Regel einen mobilen Abgastester auf Wunsch zur Verfügung und messen sicher gern, natürlich zu der üblichen Gebühr, die Abgaswerte an einem Flieger.

Leider gibt es von Rotax keine Werte, mit denen man was für die Diagnose eines erhöhten Ölverbrauches anfangen kann.
Dazu habe ich allerdings 2 Grafiken, die bei einem grundüberholten 912 ULS das Abgasverhalten auf dem Prüfstand aufzeigen.
Die Werte des unteren Drehzahlbereiches stellen den Durchschnitt der Messungen an allen 4 einzelnen Zylindern dar, entsprechen also theoretisch den Werten am Auspuffendrohr. Ich möchte betonen, dass das nur Anhaltswerte sind, da das Abgasverhalten je nach Anströmung des Motors und explizit der Ansaugkrümmer und deren Temperatur, sehr unterschiedlich sein kann.


Die CO-Werte
sollten möglichst 14 % nicht übersteigen, da sonst der Motor das ihm zugemutete zu fette Gemisch nicht mehr „verarbeiten“ kann und anfängt zu schütteln.
Hierfür ist aber nicht ein erhöhter Ölverbrauch die Ursache, sondern ein Vergaserproblem.


Die HC-Werte
zeigen unverbrannte Kohlenwasserstoffe an - also auch einen möglichen Ölanteil.
Hier ist die Diagnose eines erhöhten Ölverbrauchs in Verbindung mit den CO-Werten zu sehen. Grundsätzlich sollten die CO-Werte aber schon einmal auf eine intakte Gemischaufbereitung (Vergaser) schließen lassen.


Auffällig ist bei der Abgasmessung ein extremer Anstieg der Werte direkt nach dem Leerlauf und ist der Vergaserkonstruktion geschuldet.
Das heisst, dass wir die Messung in einem Bereich durchführen müssen, wo wir sicher sind, dass wir halbwegs normale Werte haben.
Ich empfehle hier ca. 3000 U/min. Dann hätten wir also ca. 12% CO und knapp 350 ppm HC.

Bei einem erhöhten HC-Wert (über 500 ppm) wird nun angezeigt, ob ein vermehrter Ölanteil bei der Verbrennung eine Rolle spielt.
Dann ist selbstverständlich eine Diagnose der Hubraumteile vorzunehmen - also eine Teilzerlegung des Motors. Selbstverständlich kann diese Arbeit bei eingebautem Motor erfolgen.

1)
Kolben, Zylinder und Kolbenringe
2)
auf ovale Ventilsitze wird irgendwann später eingegangen
erhoehten_oelverbrauch.txt · Zuletzt geändert: 15.12. 2023 13:35 von ralf

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