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uebergangsbohrungen

Die Übergangsbohrungen


Vorwort

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich dieses Thema veröffentlichen sollte oder nicht, denn ich möchte nicht in der Verantwortung stehen, wenn das Beschriebene jemand an seinem Flieger umsetzt, im Acker landet und anschließen (er oder seine Hinterbliebenen) mit dem Finger auf mich zeigt und sagt:
„…. aber der hat mir das gezeigt“.

Darum sage ich hier ganz deutlich:
Macht das nicht, modifiziert die Vergaser nicht auf illegale Weise !
…. darum berichte ich hier nur, was ich mit einer Modifikation der Bing's an einem 912 ULS mit 100 PS für Erfahrungen gemacht habe.
WICHTIG: wie sich die Modifikation beim 80 PS oder 914er Turbo auswirkt, habe ich nicht getestet!

…. fast noch wichtiger: diese Arbeiten sind nix für Anfänger !!!


Grundlagen

Es ist bekannt, dass gerade der 912 S/ULS im Bereich zwischen 2000 - 2500 U/min sehr fett läuft, was auch zu einem unrunden Motorlauf führen kann.
Mit zunehmenden Betriebsstunden verschlechtert sich in der Regel in dem Bereich das Verhalten des Motors.

Nun stammen ja die Bing's aus einem Motorrad mit 2 Zylindern und hinter jedem Vergaser ist ein relativ großer Einzelhubraum.
Beim Rotax werden von einem Vergaser zwei, doch etwas kleinere, Zylinder mit entzündlichem Gemisch versorgt.
Man kann sich vorstellen, dass daher im Vergaser völlig unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten herrschen. Des Weiteren braucht man beim Motorrad im Übergang nach dem Leerlauf ein schnelles Anfetten des Gemisches, damit die Karre an der Ampel nicht stehen bleibt, wenn man den Hahn aufreisst.

Also sind dafür beim Bing in der Nähe der Drosselklappe zwei Übergangsbohrungen vorgesehen, die beim Öffnen der Drosselklappe zusätzlichen Sprit in den Ansaugtrakt gelangen lassen.

Braucht das der Rotax?

… das kann man mit einem klaren NEIN beantworten!

  • Die Gasstömung im Vergaser ist relativ gleichmäßig,
  • beim Flugmotor wird in der Regel nicht plötzlich Gas gegeben wie beim Motorrad,
  • der Rotax läuft im Leerlauf sowieso schon recht fett,
  • die Belastung des Motors nimmt, anders als beim Motorrad, ausschließlich mit dem Luftwiderstand des Propellers zu.

Aus dem letzten Satz ergibt sich auch, dass wir ausschließlich einen gleichmäßigen Anstieg der Gas-Strömungsgeschwindigkeit im Vergaser vorfinden.
Man muss nicht auf plötzliche Leistungsentfaltung Rücksicht nehmen.

Original

So kommt es, dass wir bei den Bing's im originalen Zustand folgende Abgaswerte1) haben (links CO - rechts HC):
zum Vergrößern anklicken

CO-Werte im Originalzustand HC-Werte im Originalzustand

Bei fast 14 % CO und 550 ppm HC läuft der Motor schon sehr nahe an der „Absaufgrenze“.

und Fälschung

Da ich während meiner fast 30jährigen Tätigkeit als Motorradmechaniker etwas Erfahrung mit Vergasern sammeln konnte, habe ich nun an einem Satz gebrauchter Bing's die Übergangsbohrungen verschlossen.
Anschließende Prüfläufe mit ausführlichen Abgasmessungen und auch Tests mit plötzlichem Gasgeben in jedem Betriebszustand ergaben dann folgende Bilder:

CO-Werte bei modifizierten Vergasern HC-Werte bei modifizierten Vergasern

…. sieht doch prima aus, dachte ich mir und suchte ein „Versuchskaninchen“ ….

Ich fand jemanden, von dem ich wusste, dass er Sachkenntnis hat und ein erfahrener Pilot ist.
Ohne Risiko ist solch ein Feldversuch ja leider nicht.

Er fliegt damit inzwischen (Stand Sommer 2023) etwa 1200 Stunden rum und sagte, dass er die Vergaser unter keinen Umständen wieder hergibt.
Er hat in der ganzen Zeit absolut nichts an den Vergasern verändert oder gewartet - auch um zu sehen, was bei erhöhtem Verschleiß der üblichen Bauteile geschieht : läuft und läuft und läuft und läuft und läuft ….
…. inzwischen sagte er, müsse er bald was machen….

Das Leerlaufgemisch musste etwas fetter eingestellt werden und wenn es kalt ist, muss er den Choke etwas länger benutzen.
Dafür ist aber der unsaubere Motorlauf im unteren Drehzahlbereich völlig weg und lange Flüge mit „Schleppgas“ sind kein Thema.

Letzteres ist bei vielen Piloten ein Problem, wenn sie sich die letzen Meter zur Landebahn „hinhungern“2).
Das musste mein Testpilot erstmal üben, da er sich normalerweise recht steil auf die Piste stürzt….

modifizieren

… und so habe ich das gemacht:

  • bei den Vergasern die Schwimmerkammer demontiert
  • die Leerlaufdüsen und Gemischschrauben ausgebaut
  • die Bohrungen der Leerlaufdüsen mit Bremsenreiniger geflutet und ausgeblasen
    – damit das Leerlaufsystem trocken und fettfrei ist –
  • etwas 2K-Stabilit Express 3) angerührt
  • und die Übergangsbohrungen zugeklebt.
  • Beim Verkleben ist darauf zu achten, dass nicht zu viel Kleber in die Übergangsbohrungen gelangt, da sonst der Kanal im Vergaser zu ist. Der Vergaser ist dann nur mit einem erheblichen Aufwand zu retten.
  • Der überschüssige Kleber wird noch im nicht ganz ausgehärteten Zustand mit einem Skalpel im Venturirohr bei offener Drosselklappe einfach abgeschnitten.

die Verklebung im Schnitt:
die Verklebung im Schnitt


Bildergeschichte

1=Synchronisationsanschluss 2=Übergangsbohrungen 3=Bohrung für Leerlaufgemisch-Einstellschraube und Austritt des Lehrlaufgemisches im Betrieb


Übergangsbohrungen bei Drosselklappe aus Richtung Schwimmerkammer


von oben gesehen optimal zugeklebt - so sollte es aussehen

1)
Werte mit überholten Vergasern auf Prüfstand ermittelt
2)
warum heisst es dann eigentlich nicht „Hungergas“?
3)
WICHTIG - andere 2K-Kleber sind möglicherweise nicht kraftstoffbeständig !!!
uebergangsbohrungen.txt · Zuletzt geändert: 26.03. 2024 07:54 von ralf

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